Der Aberdeen House View soll den Makro- und Marktausblick strukturieren und unseren Anlageteams sowie unseren Kunden helfen, fundierte Entscheidungen zu treffen. 

Dies ist im heutigen komplexen Anlageumfeld umso wichtiger, als höhere Zölle das Wachstum zu behindern und die Inflation anzuheizen drohen und die Anleger über die Pläne der US-Regierung zur Kreditaufnahme besorgt sind. Klarheit ist unerlässlich, um mit Überzeugung zu investieren.

Im Folgenden finden Sie einige der wichtigsten Erkenntnisse aus dem aktuellen House View, den wir Anfang des Monats unseren Kunden auf dem Aberdeen Gather - Global Investment Forum 2025 vorstellten.

Unsere Analyse konzentriert sich auf vier Bereiche: Anleihen, Unternehmensrisiken, den US-Dollar und Private Markets. Die Ansichten beziehen sich auf die nächsten 12 bis 18 Monate.

Anleihen sind wieder im Kommen (aber mit einem kleinen Kniff)

Nachdem Anleihen jahrelang in Ungnade gefallen waren, stehen sie nun wieder auf dem Radar der Anleger. Wir sind gegenüber Staats- und Unternehmensanleihen aufgrund der attraktiven Renditen und der Diversifizierungsvorteile vor dem Hintergrund einer möglichen Konjunkturabkühlung leicht positiv eingestellt.

Die Zentralbanken bleiben im Lockerungsmodus, da die US-Notenbank, die Europäische Zentralbank und die Bank of England die Zinsen wahrscheinlich weiter senken werden. Dies wird die Anleihekurse stützen, die bei sinkenden Zinsen steigen.

Die Laufzeitprämien für Anleihen - die zusätzliche Vergütung, die Anleger für das Halten von längerfristigen Schuldtiteln anstelle von kurzfristigen Papieren verlangen - könnten jedoch weiter ansteigen. Dies wird durch geopolitische Risiken, Inflationsunsicherheit und steigende Haushaltsdefizite der Regierungen bedingt sein.

Aus diesem Grund müssen Anleger selektiver vorgehen. Wir bevorzugen hochwertige Unternehmensanleihen, das kürzere Ende der Renditekurven von Anleihen und Staatsanleihen, bei denen die Zentralbanken wahrscheinlich die meisten Zinssenkungen vornehmen werden, wie beispielsweise britische Staatsanleihen.

Unternehmensrisiken: Blick über die USA hinaus

Wir gehen davon aus, dass sich das globale Wirtschaftswachstum verlangsamen, aber nicht einbrechen wird. So haben wir beispielsweise unsere Wachstumsprognose für die USA von 2,8 % im letzten Jahr auf etwa 1,8 % in diesem Jahr gesenkt, was vor allem auf die Auswirkungen der Handelszölle zurückzuführen ist.

Allerdings wird der politische Rückenwind in Europa und China stärker, was neue Chancen eröffnet. Wir wenden uns allmählich von den USA ab, weil andere Aktien aus Industrie- und Schwellenländern allmählich attraktiver erscheinen.

So hat sich die europäische Finanzpolitik positiv entwickelt, und die Verteidigungsausgaben der Europäischen Union (EU) werden um 800 Milliarden Euro oder etwa 5 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) steigen, was ein Umdenken in Sachen Sicherheit widerspiegelt.

In der Zwischenzeit sind die Bewertungen der US-Aktien nach der großen Markterholung im April und Mai immer noch hoch, und wir glauben, dass die Bewertungen in Europa und China günstiger sind.

Die Dollar-Debatte und der schwindende "Exzeptionalismus

Der Dollar ist ein heißes Thema, da der Glanz der Weltreservewährung nachlässt. Kurzfristig stehen wir der US-Währung neutral gegenüber, glauben aber, dass sie in den kommenden Jahren schwächer werden könnte.

Der US-Exzeptionalismus - die Vorstellung, dass die USA einzigartige strukturelle Vorteile genießen, die sie immer wieder zu einem attraktiveren Ort für Investitionen machen - schwindet.

So werden andere Industrieländer das überragende Wachstum der USA in den letzten Jahren in Frage stellen, und auch der Branchenvorsprung einiger US-Tech-Giganten gerät ins Wanken. Der Dollar erfreut sich zwar immer noch großer Liquidität und institutioneller Unterstützung, aber seine langfristigen Aussichten sehen düsterer aus.

Tatsächlich ist der Dollar in den letzten Monaten nachhaltig unter Druck geraten, da die internationalen Anleger zu dem Schluss gekommen sind, dass die USA ein weniger attraktiver Ort für den Einsatz von Kapital geworden sind.

Private Markets: eine strukturelle Chance

Die Private Markets befinden sich in einer günstigen Situation: Die Zinsen sinken, das Wirtschaftswachstum verlangsamt sich, ohne jedoch zu schrumpfen, und in Bereichen wie Immobilien, Infrastruktur und privaten Krediten besteht ein altes Unterangebot an guten Vermögenswerten.

So sehen zum Beispiel globale Direktimmobilien attraktiv aus, da sich die Mieter- und Anleihemärkte verbessern, das Angebot jedoch begrenzt ist.

Portfoliodiversifizierung ist in einer unberechenbaren Welt wichtig. Da es immer häufiger Anzeichen für eine positive Korrelation zwischen Aktien und Anleihen gibt - beide bewegen sich gleichzeitig nach oben und nach unten - bieten Standardportfolios aus Anleihen und Aktien keine ausreichende Diversifizierung.

Für Anleger, die eine geringere Liquidität tolerieren können, bieten Private Markets Vorteile bei der Diversifizierung und liefern gleichzeitig attraktive Renditen. Allerdings ist eine sorgfältige Prüfung unabdingbar, da die Bewertungen weniger verlässlich sein können und die Risiken möglicherweise unterschätzt werden.

Im Folgenden finden Sie einen detaillierteren Überblick über die wichtigsten Anlageklassen:

Chart 1: Aberdeen House View

Quelle: Aberdeen, Mai 2025. Die geäußerten Ansichten sind nicht als Ratschläge oder Anlageempfehlungen für die Zusammenstellung eines Portfolios oder für den Kauf, das Halten oder den Verkauf einer bestimmten Anlage zu verstehen.

Abschließende Überlegungen

Klarheit ist wichtig. Wir geben nicht vor, genau zu wissen, was auf uns zukommt, aber wir entwerfen Szenarien und bereiten uns auf eine Reihe von Ereignissen vor.

Zölle, Wahlen und geopolitische Entwicklungen - all das sind Joker. Durch die Kombination wirtschaftlicher Erkenntnisse mit flexibler Anlagepolitik und sorgfältiger Auswahl können wir versuchen, der Zeit voraus zu sein.

Wenn Sie ein professioneller Anleger sind, finden Sie hier weitere Wirtschaftsanalysen, die einige der von uns erörterten Themen vertiefen.

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