Seit Jahren suchen Anleger Sicherheit in der Diversifizierung – sie streuen ihr Vermögen über verschiedene Anlageklassen, Regionen und Sektoren, um Risiken zu reduzieren und Renditen zu glätten. Aber was auf dem Papier diversifiziert aussieht, ist in der heutigen Marktlage oft alles andere als das.

Der Aufstieg passiver oder indexorientierter Anlagen und die Dominanz großer Technologieunternehmen haben zu einer Situation geführt, in der viele Portfolios stark auf wenige Namen konzentriert sind.

Dieses versteckte Risiko könnte Anleger anfällig für starke Verluste und lang andauernde Erholungsphasen machen.

Der Mythos des ausgewogenen Portfolios

Das klassische 60/40-Portfolio – 60 % Aktien, 40 % Anleihen – wird oft als ausgewogener Ansatz angepriesen. In Bezug auf das Risiko ist er jedoch alles andere als das.

Aktien sind deutlich volatiler als Anleihen, was bedeutet, dass sie überproportional zu Portfolioschwankungen beitragen. Tatsächlich verhält sich ein 60/40-Portfolio in Bezug auf das Volatilitätsrisiko eher wie ein 85/15-Portfolio.

Hinzu kommt, dass der Aktienanteil oft von einer Handvoll Technologiegiganten dominiert wird, was das Bild noch zusätzlich verzerrt.

So machen beispielsweise die zehn größten Unternehmen im S&P 500 fast 40 % des Index aus, wobei Technologieunternehmen einen noch höheren Anteil haben (siehe Abbildung 1). Selbst breiter gefasste Indizes wie der CRSP US Total Market Cap Index weisen eine ähnliche Konzentration auf.

Abbildung 1: S&P 500 – Unternehmen und Sektorkonzentration

Quelle: Bloomberg, Juni 2025

Was viele Anleger als diversifiziert wahrnehmen, ist in Wirklichkeit stark konzentriert.

Globale Diversifizierung ist nicht mehr das, was sie einmal war

Ein Blick über die US-Märkte hinaus mag als logischer Schritt zur Diversifizierung erscheinen, doch auch globale Aktienindizes sind zunehmend US-zentriert.

In den 1980er Jahren machten die USA etwa ein Drittel des MSCI All-Country World Index (ACWI) aus. Heute sind es etwa zwei Drittel. Diese Verschiebung bedeutet, dass selbst internationale Portfolios stark von der Dynamik des US-Marktes beeinflusst werden.

Historische Daten zeigen, dass jede größere Korrektur von 10 % und mehr bei US-Aktien in den letzten 30 Jahren mit ähnlichen oder noch stärkeren Rückgängen bei internationalen Aktien einherging.

Mit anderen Worten: Geografische Diversifizierung bietet möglicherweise nicht den Schutz, den Anleger in Marktabschwüngen erwarten.

Echte Diversifizierung kommt von Risikofaktoren, nicht von Tickersymbolen

Um das Risiko großer Verluste wirklich zu reduzieren, müssen Anleger über die Anzahl der Positionen hinausdenken und sich auf die zugrunde liegenden Risikofaktoren konzentrieren, die die Renditen beeinflussen.

Ein Portfolio mit Tausenden von Wertpapieren kann dennoch anfällig sein, wenn alle diese Vermögenswerte denselben wirtschaftlichen Kräften unterliegen.

Eine Alternative ist eine Assetklassen übergreifende Strategie, die zwischen Aktien, Anleihen, Währungen, Rohstoffen und Gold diversifiziert und den Beitrag jeder Anlageklasse zum Gesamtrisiko des Portfolios ausgleicht. Ein Modellportfolio könnte beispielsweise wie folgt aussehen:

  • Aktien (S&P 500)
  • Anleihen (10-jährige US-Staatsanleihen)
  • Devisen (Long-Position in US-Dollar gegenüber Euro)
  • Rohstoffe (BCOM-Index)
  • Gold

Ein auf diese Weise aufgebautes einfaches Portfolio zeigt in Backtests (rückwärtsgerichtete Tests mit historischen Daten) eine bemerkenswerte Stabilität. Von Dezember 1998 bis Juni 2025 erzielte es 80 % der Rendite eines traditionellen 60/40-Portfolios, jedoch mit deutlich geringeren Drawdowns.

Während das 60/40-Portfolio in diesem Zeitraum vier Rückgänge von mehr als 20 % hinnehmen musste – mit einem maximalen Rückgang von 34 % –, verzeichnete das Cross-Asset-Portfolio nur einen Rückgang von mehr als 10 %, und zwar einen moderaten Rückgang von 13 % während der globalen Finanzkrise 2008 (siehe Abbildung 2).

Abbildung 2: Rückgänge vom Höchststand zum Tiefststand, 1998–2025

Quelle: Bloomberg. Juni 2025. Nur zu Illustrationszwecken. Es sollten keine Annahmen hinsichtlich der zukünftigen Wertentwicklung getroffen werden.

Abschließende Gedanken

Der legendäre Investor Warren Buffet hat einmal gesagt, seine wichtigsten Lektionen für das Investieren seien „Regel Nummer 1: Verlieren Sie niemals Geld; Regel Nummer 2: Vergessen Sie niemals Regel Nummer 1“.

Das Konzentrationsrisiko in den heutigen passiven Portfolios ist höher denn je. Anleger, die glauben, diversifiziert zu sein, sind möglicherweise ohne ihr Wissen erheblichen Risiken ausgesetzt.

Die Vermeidung großer Verluste ist entscheidend für die Erzielung von Renditen und den Erhalt des Vermögens – insbesondere für diejenigen, die kurz vor dem Ruhestand stehen oder auf ihre Ersparnisse angewiesen sind.

Durch die Konzentration auf eine echte Diversifizierung über unkorrelierte Risikofaktoren hinweg können Anleger Portfolios aufbauen, die widerstandsfähiger gegenüber Schocks sind und besser für langfristigen Erfolg positioniert sind.