Ein Wendepunkt in einer Geschichte ist der Moment in der Handlung, an dem eine Figur eine Entscheidung treffen muss, die den Verlauf der Geschichte verändert.

Jede Wendung bringt eine entscheidende Veränderung mit sich, die entweder die Entwicklung einer Figur vorantreibt oder die Geschichte voranbringt (z. B. König Lears Erkenntnis der wahren Natur seiner drei Töchter oder Luke Skywalkers Entdeckung der Identität seines Vaters). Die Entscheidungen, die die Figuren treffen, verändern die Richtung der Handlung und damit auch ihre Zukunft.

Nach einem Jahrzehnt, das von Volatilität, Kapitalabflüssen und einem starken Dollar geprägt war, stehen die Schwellenländeranleihen möglicherweise vor einem solchen Wendepunkt. 

Für Anleger, die in festverzinsliche Wertpapiere investieren, die auf Rendite und Diversifizierung setzen, birgt das aktuelle makroökonomische und geopolitische Umfeld sowohl Herausforderungen als auch Chancen.

Da die Renditenaufschläge in Hochzins- und Frontier-Märkten attraktiv erscheinen, die Strukturreformen an Fahrt gewinnen und die multilaterale Unterstützung nach wie vor solide ist, sprechen immer mehr Argumente für ein selektives Engagement in Schwellenländeranleihen.

Wert inmitten von Volatilität

Einer der attraktivsten Bereiche innerhalb der Schwellenländeranleihen sind derzeit die hohen Renditen in den Frontier-Ländern.

Die Spreads sind im Vergleich zu den historischen Durchschnittswerten nach wie vor hoch und bieten einen Puffer gegen mögliche globale Schocks. Diese Märkte werden häufig durch sich verbessernde Fundamentaldaten gestützt, darunter Haushaltskonsolidierung, Reformen der Staatsführung und ein verstärktes Engagement bei multilateralen Institutionen wie dem Internationalen Währungsfonds und der Weltbank. So haben beispielsweise Länder wie Ägypten, Kenia und Pakistan erhebliche Fortschritte bei der Sicherung der Auslandsfinanzierung und der Durchführung von Strukturreformen gemacht, was wiederum das Vertrauen der Investoren stärkt.

Außerdem sind die technischen Rahmenbedingungen günstig. Viele Emittenten aus Frontier-Märkten haben nur begrenzten Zugang zu den Kapitalmärkten, was zu einem eingeschränkten Nettoangebot führt. Diese Knappheit in Verbindung mit hohen nominalen und realen Renditen führt zu einer günstigen Risiko-Ertrags-Dynamik für Anleger, die bereit sind, idiosynkratische Risiken einzugehen.

Eine taktische Verschiebung

Während Hochzinsanleihen nach wie vor attraktiv sind, ändern sich die Aussichten für Investment-Grade-Schwellenländeranleihen (IG).

Angesichts des potenziell wachsenden Risikos einer US-Rezession, die eine Rallye bei US-Treasuries auslösen könnte, hat sich die relative Attraktivität von IG-EM-Anleihen verbessert. Daher bauen viele Anleger ihre Untergewichtung in IG-Staats- und Unternehmensanleihen taktisch ab. Länder wie Mexiko, Indonesien und Chile bieten relativ stabile makroökonomische Rahmenbedingungen und profitieren von einer starken institutionellen Unterstützung, was sie in einem risikoaversen Umfeld attraktiv macht.

Diese Umschichtung ist aber nicht nur defensiv motiviert. Wir glauben, dass IG EM-Anleihen als Stabilisator in Portfolios dienen können, insbesondere wenn sich das globale Wachstum verlangsamt und die Risikobereitschaft nachlässt. Das Potenzial für einen Kapitalzuwachs in einem Treasury-Rallye-Szenario ist nur eine weitere Ebene der Attraktivität.

Ein Wiedererwachen?

Die vielleicht interessanteste Entwicklung ist das potenzielle Wiederaufleben von Schwellenländeranleihen in lokaler Währung.

Nach Jahren der Underperformance, die durch einen starken Dollar und Inflationsdruck verursacht wurde, könnte sich das Blatt nun wenden. Die Abschwächung des Dollars, Fragen zum US-Exzeptionalismus und das Ende der aggressiven Zinserhöhungen durch die US-Notenbank schaffen ein günstigeres Umfeld für Lokalwährungsanleihen.

Viele Zentralbanken der Schwellenländer waren bei der Straffung der Geldpolitik der Zeit voraus und sind nun in der Lage, die Geldpolitik proaktiv zu lockern. Länder wie Brasilien, Chile und Ungarn haben bereits mit Zinssenkungen begonnen und es wird erwartet, dass weitere Länder folgen werden, da die Inflation aufgrund günstiger Basiseffekte zurückgeht. Dies schafft ein günstiges Umfeld für Lokalwährungsanleihen, insbesondere in Lateinamerika, wo die Realzinsen weiterhin zu den attraktivsten weltweit gehören.

Auch die Währungsdynamik verschiebt sich. Da der Dollar an Schwung verliert und die Währungen der Schwellenländer auf Basis des realen effektiven Wechselkurses unterbewertet sind, gibt es Spielraum für eine Aufwertung. Dies könnte die Gesamtrenditen für Dollar-basierte Anleger verbessern und die Zuflüsse in die lokalen Märkte weiter unterstützen.

Die Fundamentaldaten bleiben widerstandsfähig

 Im Unternehmensbereich bleiben die Fundamentaldaten im Großen und Ganzen unterstützend.

Trotz der weltweiten Konjunkturabschwächung haben die Unternehmen in den Schwellenländern gesunde Bilanzen, die sich durch einen geringen Verschuldungsgrad und eine hohe Zinstilgungsfähigkeit auszeichnen. Viele Unternehmen haben die vergangenen Zeiten des Marktzugangs genutzt, um ihre Schulden zu tilgen und das Refinanzierungsrisiko zu verringern.

Es wird erwartet, dass das Nettoangebot auf dem Markt für EM-Unternehmensanleihen negativ bleibt. Die Unternehmen geben der Schuldentilgung den Vorrang vor Neuemissionen, was sich positiv auf die technischen Daten auswirkt und dazu beiträgt, die Ausweitung der Spreads in Zeiten der Volatilität zu verringern. Auch wenn die operative Performance durch das langsamere globale Wachstum beeinträchtigt werden könnte, sind wir der Ansicht, dass die Kreditqualität der Anlageklasse insgesamt robust bleibt.

Gegenwind am Horizont?

Trotz des sich verbessernden Hintergrunds könnten mehrere Risiken die Erholung der Schwellenländeranleihen gefährden.

Dazu gehört vor allem die Gefahr eines ausgewachsenen Handelskriegs, insbesondere zwischen den USA und China. Ein solches Szenario könnte die Exporte der Schwellenländer stark beeinträchtigen und zu einer protektionistischen Politik führen, die die Entwicklungsländer benachteiligt.

Eine Rezession in den USA könnte zwar für Staatsanleihen förderlich sein, aber auch die globale Risikobereitschaft dämpfen und zu Kapitalabflüssen aus Schwellenländern führen. In ähnlicher Weise würde ein Einbruch der chinesischen Wirtschaft eine drastische Verlangsamung des Wirtschaftswachstums bedeuten, da wir nicht mit einer deutlichen Erholung des Wachstums rechnen. Auf der anderen Seite würde ein deutlicher Aufschwung jedoch die Rohstoffpreise belasten, insbesondere die Ölpreise - ein wichtiges Exportgut für viele Schwellenländer.

Die geopolitischen Spannungen bleiben hoch. Der anhaltende Krieg in der Ukraine zeigt keine Anzeichen für eine Lösung, die Spannungen zwischen Israel und dem Iran bestehen fort und die feindselige Haltung von Ländern wie Russland und China könnte die Entschlossenheit der Trump-Administration auf die Probe stellen und möglicherweise zu größerer Instabilität im Nahen Osten und im asiatisch-pazifischen Raum führen.

Abschließende Überlegungen

Trotz der anhaltenden Unsicherheiten sind wir der Meinung, dass das aktuelle Umfeld einen potenziellen Wendepunkt für Schwellenländeranleihen darstellt. Die Kombination aus attraktiven Bewertungen, sich verbessernden Fundamentaldaten und einer sich verändernden globalen Makrodynamik ist ein überzeugendes Argument für ein erneutes Engagement in der Anlageklasse. Für Anleger, die bereit sind, eine langfristige Perspektive einzunehmen und die kurzfristige Volatilität zu verkraften, bieten Schwellenländeranleihen unserer Meinung nach eine einzigartige Gelegenheit, die Rendite zu steigern und die Portfolios in einer Welt des verlangsamten Wachstums und der sich verändernden Risiken zu diversifizieren.